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Iran

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Im Iran gehört es zum kostenlosen Service an Läden, heißes Wasser für Tee bereitzuhalten.

Iran 4 June 2013 Death to Dictator chants at Taheri funeral procession in Isfahan   Leave a comment

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1. Juni, 12:30

Links neben mir in der Reihe ein älterer Herr mit Sonnenhut. Ich höre vertraute Klänge und frage ihn, woher er kommt; so wie wir auf unserer Reise abertausendmal gefragt wurden „woher?“. Aus Berlin – er sei Exiliraner und Oppositionspolitiker. Er ist hocherfreut, als ich ihm erzähle, daß wir auf unserer Reise drei Monate im Iran waren und will möglichst viel von unseren Eindrücken erfahren. Ich will ihm einen link auf unsere Fotos im Iran schicken und er gibt mir seine Visitenkarte. Dr. (… name soll hier nicht veröffentlicht werden …), Chirurg. „Jahrgang 1948“ erzählt er mir. Auf die Rückseite schreibt er mir seinen „politischen Namen“. Vermutlich so etwas wie sein Deckname im iranischen Untergrund. Einem Kollegen – noch eins weiter links in der Reihe – übersetzt er unsere Unterhaltung ins Farsi.

1. Juni, 12:51

Die Demonstration steht still. Wir finden uns von der Demonstrationsspitze und vom nachfolgenden Block durch jeweils eine Polizeikette abgetrennt. Die Seiten brauchen von der Polizei nicht gesichert zu werden, denn wir befinden uns zwischen zwei engen Häuserzeilen. Ich mache mir keine Gedanken und setze meine angeregte Unterhaltung mit meinem Nachbarn fort. Schließlich gehört das zum üblichen „Spiel“, wie ich es noch von 1992 in München kenne. Ich gebe meinen zwei iranischen Kollegen zwei Buttons, die ich noch in der Tasche habe. „Peace“ und „Revolution“. Ich selber hatte mir „Ein anderes Europa ist möglich“ angeklebt.

1. Juni 14:20

Nachdem in einem Delegiertenplenum der Veranstaltungsleitung beschlossen wird, mit der Demonstration nicht einfach wie von der Polizei vorgeschlagen „um uns herum“ zu gehen und uns zurückzulassen, will die Polizei die Personalien von uns allen im Kessel aufnehmen. „Jetzt wird es länger dauern“, meine ich zu meinem iranischen Nachbarn und begebe mich in die erste Reihe Auge in Auge mit den Polizeieinheiten, als könne ich durch diese Geste meinen iranischen FreundInnen etwas zurückgeben von der hundertfach erfahrenen Gastfreundschaft, die wir im Iran erfahren haben. Und ich merke, es tut den jungen Leuten gut, als Älterer neben ihnen in der ersten Reihe zu stehen und mit Besonnenheit darauf zu achten, die Linie zu halten und sich von der Polizei nicht provozieren zu lassen. Mittlerweile haben sich einige Abgeordnete des Deutschen Bundestages und des Hessischen Landtages zwischen uns und die Polizei gestellt. „Es scheint momentan die gefährlichste Stelle zu sein“, meint eine Abgeordnete. Ich werde Zeuge, wie der Abgeordnete Hermann Schaus vergeblich versucht, den Namen eines Polizisten zu erfahren, der sich unsachgemäß verhält.

1. Juni 15:30

Etliche von uns müssen auf´s Klo. Man hat selbstorganistiert eine improvisierte Frauentoilette und ein Männerpissoir eingerichtet. Als ich zum Pinkeln anstehe, wundert mich die Disziplin und Behutsamkeit der anderen Männer. Alle pinkeln durch ein Abflußgitter, „um den Hausmeister des Gebäudes möglichst wenig zu ärgern“.  Solches kenne ich sonst nur von den Landbesetzungen der wohlorganisierten brasilianischen Landlosenbewegung MST. Wieder zurück in der ersten Reihe stehe ich wieder den gleichen PolizistInnen gegenüber. Das große „I“ in der gendergerechten Schreibweise bedeutet hier: 40% Frauen, 60% Männer. Aus Aachen und Essen. „Gott sei Dank“, denke ich, „nicht der berüchtigte Bayernkeil“.  Nach drei Stunden kenne ich die Augen der BeamtInnen, die sich in zwei Schichten ablösen, ihre Gesichter sind ja durch die Helme und Visiere und bei den meisten zusätzlich durch schwarze Sturmmasken verborgen, die eben nur die Augen freilassen. Sie bekommen Schokoriegel und Trinkwasserflaschen verteilt, auch eine Wurstsemmel ist dabei. Mit ihren Stiefeln zertreten Sie die vielen Pfandflaschen und die Verpackungen der Snacks. Ich erinnere mich an einen Brief einer Freundin, die als Guerillakämpferin in der Türkei als Gefangene vom Militär gefoltert und erschlagen wurde. Sie schrieb am 28. Juli 1997: „…überhaupt lassen die türkischen Soldaten überall ihre Spuren. Hinterlassen tausend leere Tunfischdosen, Snackpapiere und Fertigsäfte. Du merkst, sie kennen sich hier nicht aus. Ihre Ausrüstung ist wie Proviant für einen Ausflug – einen ein- bis zweitägigen. Es ist verrückt: Wir sammeln ihren Müll ein … “

1. Juni 15:50

Die Situation der Demonstration kippt: zu Gunsten der Eingekesselten. Anwohner (oder ist das das Schauspielhaus?) lassen in Eimern Trinkwasser und Proviant zu uns herunter. Die Bevölkerung stellt sich gegen diesen Polizeieinsatz. Ich komme mit meinem Nachbarn zur Rechten in der ersten Reihe ins Gespräch. Auch er Iraner und blutjung. Die übernächste Generation. Ich freue mich, daß Exiliraner sich hier für „mein“ Europa einsetzen. Vom Lautsprecherwagen kommt Musik, wir tanzen und werfen Konfetti. Die Bewegung tut den Beinen gut nach mittlerweile drei Stunden unbeweglich stehen. Spiegel-online veröffentlicht diese Fotos – nur die Bildunterschrift trifft es nicht so ganz: „am Rande des Bankenviertels kesselten die Beamten nach eigenen Angaben Anhänger des sogenannten Schwarzen Blocks ein“. Auf dem Foto darüber ist eine große PEACE-Fahne zu sehen – die Fahne, die uns 16.000 km auch auf einem unserer Fahrräder begleitet hatte.

1. Juni 20:50

Die Situation ist von Seiten der Eingekesselten immer noch friedlich. Ich muß mich an den Sprachgebauch gewöhnen: „scheiß-friedlich“ – aber gewaltfrei. Die Festnahmen schreiten voran. Wir sind uns einig, keinen Widerstand entgegenzusetzen zu wollen, uns nur symbolisch einzuhaken. Trotzdem werde ich mit zu Boden gerissen, als mein eigehakter Nebenmann festgenommen wird. Wir stürzen beide gefühlte drei Treppenstufen den Bordstein hinab. Ein Polizist hilft mir auf „kommen Sie, ich helfe Ihnen!“, ich werde aber gleich in den (bei mir nur angedeuteten) Polizeigriff genommen und von zwei ziemlich gepanzerten Polizisten abgeführt. Als wir dann in das ohnehin gesicherte Gelände um das EZB einzeln abgeführt werden, wird mir (als Veranstaltungsmanager mancher Großveranstaltung) bewußt, daß die „Besucherlenkung“ perfekt funktioniert. Unzählige Teams zur erkennungsdienstlichen Behandlung sind mit ihren Fahrzeugen aufgereiht – hinter einem Wasserwerfer, dessen Aggregat übrigens beim Anwärmbetrieb sicherlich keinerlei Umweltnormen erfüllt. Auf dem Weg fragt mich „mein Polizist“, ob ich meinen Personalausweis dabei hätte. Ich bestätige, will aber vorher über die Rechtsgrundlage aufgeklärt werden. Den Paragraphen weiß „mein“ Polizist auswendig. Nach einer ausführlichen Leibesvisitation werde ich dem Team für die erkennungsdienstliche Behandlung übergeben. Personalien werden aufgenommen, abgefragt, ob ich bei der Festnahme Widerstand geleistet hätte. Angesichts meiner teils am Boden liegenden und schreienden (offensichtlich hart angefaßten) Demo-GenossInnen habe ich schon etwas ein schlechtes Gewissen, daß ich das nicht getan habe. Bei mir geschieht alles korrekt, ja fast freundlich – offensichtlich ist man sich im Klaren, daß bei mir nichts falsch gemacht werden dürfe.

Mein Personalausweis wird kopiert, ich werde mit einer Videokammera gefilmt (nicht nur das Gesicht, sondern auch die Kleidung und die Schuhe).  Anschließend wird ein Platzverweis für die Frankfurter Innenstadt bis 7:00 h nach der Nacht ausgesprochen.  Ich widerspreche dem, da ich keinerlei Straftaten begangen habe. Und ich bitte um eine schriftliche Bestätigung meines Widerspruchs und eine Bestätigung des Zeitraumes, über den ich festgehalten wurde. Nach der anfänglichen Ratlosigkeit bemühen sich die BeamtInnen wieder, bei mir „alles richtig zu machen“ und finden ein Formular (siehe oben), in dem sie mir meinen Widerspruch gegen die Aufenthaltsverbotsverfügung („Die Person hielt sich im räumlich engen Umfeld zu einer Gruppe auf, die Straftaten begangen hat“) und den Zeitpunkt (21:30) bestätigen.

1. Juni, 21:35

„Meine“ beiden Polizisten geleiten mich zum Ausgang des Sperrgebietes. Ich verabschiede mich und bestätige, daß sie sich mir gegenüber korrekt verhalten hätten. Auch das muß sein. Gerichte werden nun darüber einscheiden müssen, ob die Befehle zu diesem Einsatz rechtmäßig und angemessen waren. Als Mitglied einer Expertengruppe zur Entwicklung eines Konzeptes ethischer Bildung in der Bundeswehr weiß ich auch, daß nun intern in den Führungsstrukturen der Exekutivorgane Prozesse ablaufen müssen, um Legitimität und Legalität des Einstzes zu prüfen und gegebenfalls auch ein Widerspruchsrecht und eine Widerstandspflicht gegen unrechtmäßige Befehle zu diskutieren.

1. Juni, 23:55

Ich bin wieder gut zuhause angekommen und wünsche den Erschöpften Erholung und den Frustrierten neuen Mut.

8. Juni, 10:30

15. Juni, 12:30